Donnerstag, 22. Oktober 2015

Zensur, Propaganda und Desinformation: Die journalistische Schule der Manipulation

Zensur, Propaganda und Desinformation: Die journalistische Schule der Manipulation

Udo Ulfkotte

Meinungsfreiheit in Deutschland ist die Freiheit, die Bevölkerung staatskonform und im Sinne der herrschenden Elite und der im Hintergrund die Fäden ziehenden transatlantischen Strippenzieher indoktrinieren zu dürfen. Ein Ex-ARD-Korrespondent hat jetzt ausgepackt und zeigt auf, wie gleichgeschaltete Lügenpresse funktioniert.

Zuletzt am 30. September 2015 zitierte Bundeskanzlerin Angela Merkel die Chefs der mit Zwangsgebühren finanzierten öffentlich-rechtlichen Sender zu sich. In Anbetracht sinkender Beliebtheitswerte gab die Führerin neue Richtlinien der Berichterstattung vor. Seit 2008 müssen nicht nur die obersten Staatsfunker regelmäßig bei »Mutti« antreten, um sich die Linien der vom Kanzleramt gewünschten Berichterstattung diktieren zu lassen. Mitunter, wir haben mehrfach darüber berichtet, schweigen einige der zu bloßen Manipulatoren degradierten Journalisten nicht dazu, sondern wenden sich angewidert ab. Und nun hat einer, der über Jahrzehnte das System der Lügenmedien aus nächster Nähe beobachtete, ausgepackt: Markus Gärtner war Finanzkorrespondent der ARD sowie Asien- und Nordamerika-Korrespondent.

Gärtner gilt in Branchenkreisen nicht nur als guter Beobachter und genialer Schreiber. Er hat auch ein überdurchschnittliches Gedächtnis und verfügt über Hintergrundinformationen, um die ihn viele beneiden. Man liest die fast 300 Seiten seines ganz sachlich verfassten neuen Enthüllungsbuches wohl gerade deshalb fasziniert in einem Atemzug, ohne zwischendurch – wie bei vielen anderen Autoren üblich – langweilige Strecken und belanglose Passagen überblättern zu müssen. Gerade das gute Gedächtnis des Autors und die in einer schnelllebigen Zeit von den meisten längst schon vergessenen Episoden journalistischer Fehleinschätzungen machen das Buch zu einem Standardwerk für mündige Bürger. Noch vor dem Vorwort – also auf den allerersten Seiten – präsentiert Gärtner eine Sammlung von Zitaten aus renommierten deutschsprachigen Leitmedien, die rückblickend mehr als peinlich sind. Die Fehleinschätzungen von Journalisten zur Finanzkrise 2008, Rezession und Börsencrash, zur Erweiterung des Schengen-Raums 2007, zur Einführung des Euro und zum künftigen Kurs des Goldpreises machen selbst hartgesottene Leser noch vor dem eigentlichen Buchtext sprachlos. Gärtner zitiert etwa die Welt vom 25. Juli 2008 zur EU-Osterweiterung mit der Schlagzeile »Offene Grenze senkt die Kriminalität«. Wie der Verleger Axel Springer wohl reagieren würde, wenn er noch lesen könnte, was die gleichen Redakteure der Weltdann vier Jahre später am 12. Februar 2012 dem Leser zumuteten »Offene Grenzen erfreuen besonders Kriminelle«. Offenkundig halten Welt-Journalisten ihre Leser für besonders blöd und vergesslich.

Eben solche genialen Gegenüberstellungen ziehen sich unaufgeregt durch das ganze fesselnde Buch Lügenpresse. Gärtner weiß, dass die meisten seiner potentiellen Leser ganz sicher keine abgehobenen Journalisten sind, sondern Menschen wie Du und ich, die schon seit Jahren irgendwie das Gefühl haben, von den Leitmedien Tag für Tag für dumm verkauft zu werden. Ganz unaufgeregt und ohne Schaum vorm Mund liefert Gärtner zu diesem diffusen Gefühl eine Art Thermometer, mit dem jeder Leser selbst ergründen kann, wie weit er der Lügenpresse in der Vergangenheit auf den Leim gegangen ist. Gärtner ist offenkundig davon überzeugt, dass viele Journalisten nicht einmal vorsätzlich »lügen«, sondern schlicht an einer Art »Journalisten-Alzheimer« leiden. Ab Seite 187 beschreibt er dieses Phänomen der journalistischen Vergesslichkeit mit vielen eindrucksvollen Beispielen, etwa:
»Der kollektive Ausfall des Kurzzeitgedächtnisses bei den Massenmedien machte sich auch im März 2015 bemerkbar. Da berichteten die ersten Blätter im Mainstream – darunter die Osnabrücker Zeitung –, dass die CDU plane, abgelehnte Asylbewerber auszuweisen. Dieser Vorstoß wurde in der CDU im Landtag von Hannover unternommen. Nur fünf Monate zuvor hatte der Bundesinnenminister der Partei, Thomas de Maizière, laut der FAZ ein ›dauerhaftes Bleiberecht für bestimmte abgelehnte Asylbewerber‹ geplant. Wies in deutschen Qualitätsmedien jemand auf diesen erstaunlichen Schwenk hin? Ich habe kein Beispiel dafür gefunden. Aber ein viel gröberer Widerspruch fiel ebenfalls niemandem in den Redaktionsstuben auf. Inden Monaten bevor die CDU in Hannover abgelehnte Asylbewerber heimschicken wollte, hatte die PEGIDA-Bewegung in Dresden genau diese Forderung als zentralen und ersten Punkt ihres Katalogs aufgeführt. Das trug den Protestlern in Dresden scharfe Vorwürfe der Bundeskanzlerin ein. Merkel hatte die Bundesbürger in ihrer Neujahrsansprache gewarnt, sich PEGIDA anzuschließen, weil dort Vorurteile, Kälte und Hass herrschten. Und Merkels Justizminister Heiko Maas diskreditierte die Bewegung, in der viele Menschen aus der bürgerlichen Mitte mitmarschierten, als ›Schande für Deutschland‹. Machte irgendjemand in den Qualitätsmedien darauf aufmerksam, dass die CDU eine Forderung jener PEGIDA übernahm, die sie Wochen zuvor als kaltherzige und hasserfüllte Bewegung von Dumpfbacken abgetan hatte? Die Antwort erübrigt sich hier, jeder weiß es.
Und so erleben wir dieses Alzheimer-Phänomen immer wieder: Die deutschen Medien meldeten nach dem Massaker an Journalisten und Karikaturisten bei Charlie Hebdo,dass Frankreich 10 000 Soldaten mobilisiere, um die Straßen gegen islamische Terroristen zu sichern. Was lasen wir in den Wochen und Monaten danach über diese massive Selbstbesetzung des Landes? Wenig. Sehr wahrscheinlich, weil es gezeigt hätte, wie sehr der Islam unsere Gesellschaften in Europa bereits verändert. Und das nicht in einer Weise, die uns blauäugige Multikulti-Aktivisten, Politiker und Medienmacher gerne weismachen wollen. Seit 2014 werden in hiesigen Medien auch verstärkt die großen Schwellenländer der BRICS abgeschrieben. Sie seien wirtschaftlich auf den Bauch gefallen, lesen wir, von Korruption und fehlenden Strukturreformen ausgebremst. Dass China, Indien und Brasilien weiterhin mit Blick nach vorn die besten Entwicklungspotenziale haben, weil die Bevölkerungen relativ jung, die Urbanisierung ungebrochen und die Mittelschicht rasant am Wachsen ist, davon lesen wir fast nichts mehr – bis wieder bessere Zahlen kommen und der Wind erneut dreht. Dann werden aus den stagnierenden Riesen plötzlich wieder neue Tiger-Staaten.«
Das schonungslos geschriebene Buch Lügenpresse ist zwar eine Abrechnung mit Journalismus, aber von jener Art, die auch mit viel Verständnis für jene Zwänge geschrieben wurde, denen Journalisten ausgeliefert sind. »Vorbei am Publikum« (Seite 196), »einäugige Hofschranzen« (Seite 197), »ganz egal, ob es die Leute lesen wollen« (Seite (201) und »Rudel-Journalismus« sind harte Vorwürfe. Aber sie werden fundiert belegt und dem Leser mit allem Hintergrundwissen präsentiert.

Vor allem aber ist das spannende Sachbuch topaktuell, wenn es inszenierte Realitäten beobachtet. Auf Seite 165/166 schreibt Gärtner etwa: »Wenn die Realität, die berichtet werden soll, nicht in das gängige Erklärungs- oder Berichtsmuster der Mainstream-Medien passt, wird sie zurechtgebogen.«Und dann beschreibt der Autor, wie man im Ausland diese ganz besondere Art des deutschen Journalismus sieht:
»Die Berichterstattung in deutschen Mainstream-Blättern über die Flüchtlingswelle, die sich derzeit über das Land ergießt, ist eine einzige Inszenierung, wie die Neue Zürcher Zeitung ihren deutschen Mainstream-Kollegen im Juni 2015 in dem Bericht ›Deutsche Medien – Minenfeld Migration‹ ins Stammbuch schrieb. Das Schweizer Blatt warf den hiesigen Medien vor, die ›große Wanderung‹ mit ›erkennbarer Schlagseite bei der Themensetzung und der Wahl inhaltlicher Schwerpunkte‹ zu beschreiben. Man könne den Eindruck gewinnen, so wurde die Beobachtung der deutschen Berichterstattung bis zum Juni des Jahres zusammengefasst, dass die Masseneinwanderung nur von den Anhängern einer Festung Europa zu einem Problem gemacht werde. Doch dann entlarvte die NZZ eine wichtige und vielsagende Masche der deutschen Leitmedien: ›Wo Vertreter einer solchen Position (Kritiker der Masseneinwanderung, Anm. des Verfassers) überhaupt zugelassen werden, inszeniert man ihren Auftritt so, dass im Fernsehen ihre Thesen durchs Bilder-Arrangement schon dementiert werden.‹ Den deutschen Massenmedien wirft die NZZ eine stillschweigende Zustimmung zu einer Haltung vor, ›die jede kontrollierte Asylpolitik außer Kraft setzen will und nur noch das weite Öffnen aller Tore erlaubt‹. Hier hat sich keine rechtspopulistische Postille zu Wort gemeldet, sondern eine der angesehensten Zeitungen des Alpenlandes. Als Ziel der inszenierten Berichterstattung vermutete die NZZ den Versuch, das Publikum moralisch unter Druck zu setzen, um ›einen gesellschaftlichen Wandel von erheblichem Ausmaß zu akzeptieren, ohne die eigenen Sorgen, Vorbehalte und Bedürfnisse angemessen in die öffentliche Erörterung einbringen zu können‹. Im Klartext: Zahlreichen Reportagen über die Probleme der Flüchtlinge beim Eingewöhnen in die neue Kultur und Umgebung standen selten Berichte gegenüber, die schilderten, ›wie Deutsche die Verwandlung ihres Viertels in ein neues multikulturelles Viertel erlebten‹.«
Wer Markus Gärtner kennt, der weiß, wie zurückhaltend er mit harten Urteilen ist. Der Mann ist kein Haudegen, der blind auf Kollegen einschlägt. So schreibt er auf Seite 155:
»Ich zögere, das Wort ›Lügenpresse‹ ohne Anführungszeichen zu gebrauchen und einen pauschalen Vorwurf wie diesen über eine ganze Zunft zu stülpen. Als Wirtschaftsjournalist, der 27 Jahre lang in Deutschland, den USA, Malaysia, China und Kanada für die ARD, die Welt, dasHandelsblatt und das Manager Magazin gearbeitet hat, kenne ich genügend Kollegen, die gute, teils herausragende Arbeit leisten. Und trotzdem muss ich ganz ehrlich sagen: Bei den Recherchen für das vorliegende Buch bin ich auf so viel Dämlichkeit, ausgemachte Lügen, Agitation, Hetze, Verlogenheit, Selbstzensur und einseitige Nachrichten gestoßen, dass ich jeden erzürnten Leser und Zuschauer sofort verstehen kann, wenn er die herrschenden Medien angewidert mit diesem Vorwurf konfrontiert. Doch viele Zeitgenossen sind längst nicht so zögerlich wie ich. Zum Beispiel Paul Craig Roberts, einer der Architekten der Wirtschaftspolitik von Ronald Reagan und stellvertretender Finanzminister unter diesem Präsidenten. ›In den USA lügen die Journalisten für die Regierung, weil sie Patrioten sind‹, sagt Roberts, ›und die Leser und Zuhörer glauben die Lügen, weil sie auch patriotisch sind‹. Roberts nennt US-Journalisten ›Huren der Regierung und der Konzerne‹.«
Wer wissen will, wie uns die Massenmedien durch Fälschen, Verdrehen und Verschweigen manipulieren, der kommt am neuen Bestseller Lügenpresse ganz sicher nicht vorbei. Wer dieses Buch gelesen hat, der wird mit einiger Wahrscheinlichkeit seine Tageszeitung abbestellen, den Fernsehnachrichten ab sofort weitaus weniger Glauben schenken und stattdessen jene Informationsseiten aufsuchen, die am Ende empfohlen werden.




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